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Rede des Oberbürgermeisters der Stadt Heidelberg, Dr. Eckart Würzner

 

Grußwort anlässlich der Abschlussfeier zum 625. Jubiläum der Ruperto Carola

 

Es gilt das gesprochene Wort!

 

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Oberbürgermeisters der Stadt Heidelberg, Eckart Würzner

Begrüßung

 

Eure Magnifizenz, Herr Professor Eitel,
sehr geehrter Herr Bundespräsident Wulff,
sehr geehrte Frau Ministerin Bauer,
Honorabilis,
Eure Spektabilität,
sehr geehrte Festgäste,

 

im Namen aller Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, des Gemeinderats und auch ganz persönlich darf ich unserer Ruprecht-Karl-Universität,

Ihnen allen, dem Lehrkörper, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch den Studierenden zum 625-jährigen Jubiläum ganz herzlich gratulieren.

Eine ganz besondere Ehre für unserer Stadt, für unsere Ruprecht-Karls-Universität ist es, dass Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident Wulff an dem heutigen Festakt teilnehmen und damit die Bedeutung der Ruprecht-Karls-Universität ehren.

Und sie ist auch etwas Besonderes.

In den letzten 625 Jahren wurde Großartiges geleistet, auch in Bereichen, die häufig gar nicht mit der Ruprecht-Karls-Universität in Verbindung gebracht werden.

Hochschule für Jüdische Studien

Vor gerade einmal 4 Wochen trafen wir uns in Ihrem Amtssitz, sehr geehrter Herr Bundespräsident, im Schloss Bellevue, um all jenen zu danken, die sich für die Erweiterung und den Neubau der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg eingesetzt haben.

Heute eine Institution von europäischer Bedeutung für Heidelberg, für die Universität, für die Menschen, die in unserer Stadt leben. Eine Institution, die für Toleranz, Weltoffenheit und Internationalität steht.

Diese Hochschule zeigt exemplarisch, dass eine Wissensgesellschaft Brücken bauen kann, wenn die Politik noch sprachlos ist.

Eine Hochschule, das sollte ausdrücklich betont werden, die ohne die geistigen Vordenker dieser Ruprecht-Karls-Universität nicht denkbar wäre und heute für gelebte Partnerschaft zwischen den Völkern steht, was nach 1945 kaum jemand für möglich gehalten hat.

Beziehungen zu Montpellier

Oder ich erinnere an die jungen Studenten der Medizin und der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg um Professor Raff und andere, die zu unserer heutigen französischen Partnerstadt Montpellier bereits engste Beziehungen aufbauten noch bevor es zu engeren politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich nach dem Krieg kam. Heute dürfen wir auf 50 Jahre gelebte Städtepartnerschaft zurückblicken.

Heidelberg durch „Offenheit und Weltweite“ geprägt

Auch Gelehrte wie der Philosoph Karl Jaspers, die Juristen Gustav Radbruch und Walter Jellinek, der Altphilologe Otto Regenbogen und der Soziologe Alfred Weber betonten bereits 1945 wieder die „Überlieferung Heidelbergs“, die durch „Offenheit und Weltweite“ geprägt sei.

Zukunft unserer Stadträume

Offenheit und Weltweite, das könnte Ansatz, Grundlage und Verpflichtung für die Zusammenarbeit von Stadt und Universität auf dem gemeinsamen Weg in die Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts sein.

Aus kommunalpolitischer Sicht leitet sich daraus die Frage nach der Zukunft unserer Stadträume ab.

Liegt die Zukunft in den ausufernden, krebsartig wuchernden Mega-Cities der Entwicklungs- und Schwellenländer Asiens, Afrikas oder Lateinamerikas, mit der Gefahr, dass Städte durch soziale Segregation und Ausgrenzung zu „divided cities“ werden,

  • mit der Konsequenz wirtschaftlicher Instabilität, Kriminalität, ideologisch-religiösen Fundamentalismus,
  • mit der weiteren Konsequenz ökologischer Erschöpfungserscheinungen bei Luft, Wasser und Böden,
  • der Gefahren für die Gesundheit und wachsender Abfallberge
  • und mit der Folge, dass öffentliche Sicherheit zunehmend zu einem privaten Gut gemacht wird?

Historisch gewachsene, europäische Stadt

Das Gegenmodell ist die historisch gewachsene, europäische Stadt mit ihrem Versprechen persönlicher Freiheit und Entfaltung des bürgerlichen Individuums, also Städte wie Florenz, Siena oder auch Heidelberg. Die europäische Stadt, verstanden als gesellschaftliches Labor sozialer, kultureller und politischer Innovation, als Ort eines offenen, kosmopolitischen Diskursmilieus.

Unsere Städte sind aber auch Teil einer von Menschenhand geschaffenen Welt, in der heute vor allem Wissenschaft und Technik vorherrschen und in der ein permanenter technologischer Wandel zunehmend alle Lebens- und Gesellschaftsfelder erfasst.

Alles erscheint verfügbar und machbar, bis hin zur Gestaltung der biologischen Evolution selbst. Je weiter dieser Prozess fortschreitet, desto unübersichtlicher stellt sich die Welt dar.

Von Menschenhand geschaffene Welt

In der Theoriebildung der Naturwissenschaften beispielsweise scheint sie sich in eine Vielzahl von Welten aufzulösen, die nur noch wenig mit einander zu tun haben. Der Philosoph Jürgen Mittelstrass (Konstruktion und Deutung, 2001) bezeichnet diese von Menschenhand geschaffene Welt als Leonardo-Welt, in Anlehnung an Leonardo da Vinci, den großen Wissenschaftler, Ingenieur und Künstler der Renaissance.

Ein Ausstieg aus dieser Welt ist nicht mehr möglich, denn das würde den Ausstieg aus der Wissenschaft und der Technik bedeuten – mit unabsehbaren Folgen. Deshalb fragt Jürgen Mittelstrass, gerade vor dem Hintergrund des vermeintlichen Siegeszugs von Gentechnik und Reproduktionsmedizin, nach den Grundlagen und Grenzen des menschlichen Zugriffs auf die Welt und damit auf sich selbst.

Eine Alternative zur Leonardo-Welt sieht er darin, dass sich die Menschen der Grenzen der Verfügbarkeit bewusst werden, zumindest in Bezug auf die Existenz des Einzelnen „und dass ein vernünftiger Umgang mit diesen Grenzen Teil eines gelingenden Lebens ist“.

Schluss

In diesem Spannungsfeld sehe ich die gemeinsame Charta der Zusammenarbeit unter dem Leitbild „Wissen schafft Stadt“, die Sie Magnifizenz Professor Eitel für die Universität und ich für die Stadtgesellschaft vor gerade einmal drei Wochen unterzeichnet haben. Wir wollen auf 625 Jahre Erfolgsgeschichte der Ruperto Carola aufbauen und zusammen unsere Potenziale erschließen und unsere Chancen nutzen.

Für diese Zukunft, die Mittelstrass entwirft, müssen wir unsere jungen Menschen begeistern, denn nur wenn wir in ihnen das Feuer des Wissensdurstes und der Suche nach Antworten entfachen, haben wir diese Zukunft.

Theodor Fontane weist uns hier den Weg, wenn er sagt:

„Alles Alte sollen wir lieben, aber für das Neue sollen wir leben.“

Der Ruprecht-Karls-Universität, Ihnen, den Studierenden nochmals herzlichen Glückwunsch und alles Gute für die Zukunft.

 

 

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Letzte Änderung: 06.11.2012
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